Gramm für Gramm zum gesunden Gewicht:

Übergewicht bei Tierschutzhunden
– Ursachen, Folgen und was Sie dagegen tun können

Die Gründe für Übergewicht bei Tierschutzhunden sind vielfältig. Im Folgenden nennen wir die wichtigsten – und geben Tipps, was man auf dem Weg zu einem gesünderen Gewicht beachten sollte.


Wann spricht man beim Hund von Übergewicht – oder gar Fettleibigkeit?

Oft wird unterschätzt, was zwei, drei Kilo zu viel auf der Waage für einen Hund bedeuten. Schon ab 10 % über seinem Idealgewicht ist ein Hund übergewichtig. Bereits ab einem um 20 % erhöhten Gewicht bezeichnet man den Hund als adipös (fettleibig). Ein Hund mit einem Idealgewicht von 20 kg gilt also bereits bei 2 kg zu viel als übergewichtig. Bei einem Gewicht von 24 kg würde man diesen Hund sogar als fettleibig bezeichnen! Zum Vergleich: Bei einem Menschen mit einem Idealgewicht von 70 kg entspricht ein um 10 % erhöhtes Gewicht 77 kg. Bei 20 % zu viel auf der Waage würde dieser Mensch 84 Kilo wiegen. Müsste der Hund aus unserem Beispiel also „nur“ 2 kg Gewicht verlieren, entspräche das 7 kg beim Menschen – das macht man nicht mal eben „nebenbei“, das benötigt Zeit, Disziplin und Konsequenz. Kurz: Man braucht einen strukturierten Plan. Das ist bei einer Diät unserer Vierbeiner nicht anders.


Übergewicht reduziert die Lebensqualität und die Lebenserwartung Ihres Tieres!


Schauen wir uns einmal an, wie es dazu kommt, dass Tierschutzhunde übergewichtig sind.


Das Leben auf der Straße prägt das Fressverhalten

Hat ein Hund einen Teil seines Lebens auf der Straße verbracht, ist er es gewöhnt alles zu fressen, was er bekommen kann. Dass eine Ernährung aus Abfällen alles andere als optimal ist, liegt auf der Hand: Essensreste von der Straße und aus Mülleimern sind an der Tagesordnung. Hunde, die auf der Straße gelebt haben, sind häufig Allesfresser, haben in ihrem Leben jedoch meist nur wenig Fleisch bekommen – auch spezielles Hundefutter kennen sie kaum.


Fütterung im Tierheim/Shelter: Ziel ist hier das Überleben!

Hat es ein Hund von der Straße ins Shelter geschafft, wird alles dafür getan, den Hund durchzubringen. Die Fütterung hat dabei genau diese eine Funktion: Das Überleben zu sichern – nicht mehr und nicht weniger. Das Futter ist dabei nicht auf die speziellen Bedürfnisse jedes einzelnen Hundes abgestimmt. In vielen Fällen kann auch die Futtermenge nicht auf das individuelle Tier ausgerichtet werden. Das Shelter versorgt die Tiere hauptsächlich durch Futterspenden. Die Qualität des gespendeten Futters variiert stark – je nach Hersteller und Marke. Wenn Futter zusätzlich gekauft werden muss, ist der Preis ausschlaggebend, damit so viele Tiere wie möglich davon satt werden können.


Mehrzwingerhaltung: Rudelstruktur und Futterneid

Werden Hunde im Zwinger zusammen mit anderen Hunden gehalten, kann Futterneid entstehen. Hunde neigen dann dazu, so schnell wie möglich soviel wie möglich zu fressen. Steht ein Hund in der Hierarchie des Rudels oben, erhält er mehr Futter als ihm gut tut.

Es gilt die Faustregel: Je weniger Muskeln, desto weniger Kalorien werden verbrannt

Zwingerhaltung ist meist mit Bewegungsmangel verbunden. Ein Mangel an Bewegung führt zu einem Abbau von Muskelmasse. Da Muskeln zu einem großen Teil zum Kalorienverbrauch beitragen, verbrauchen Hunde mit wenigen Muskeln weniger Kalorien als ihre Artgenossen mit einer ausgeprägteren Muskulatur und normalem Aktivitätsniveau.


Vom Tierheim in ein neues Zuhause

Als neuer Hundehalter weiß man meistens nicht, was der Hund in seiner Zeit im Tierheim zu fressen bekommen hat. Anders als bei Hunden, die von einem Züchter kommen, ist man bei einem Tierschutzhund mit Fragen zur Ernährung meist erst einmal auf sich alleine gestellt.


„Gut gemeint“ funktioniert oft nicht

Da viele Halter wissen, dass ihr neuer Liebling eine schwierige Zeit hinter sich hat, wollen sie ihm etwas bieten. Die Napf wird also großzügig gefüllt: Hochwertiges Futter, Fleisch, Gekochtes – und üppige Portionen. Verblüfft stellt so mancher Hundehalter fest: Egal wie gut das Futter ist, der Hund frisst es nicht. Oder das Futter wird nicht vertragen. Wie schon erwähnt, stand Fleisch nur selten auf dem Speiseplan eines Straßenhundes. Die Darmflora des Hundes ist nicht an dessen Verdauung gewöhnt. Das Gleiche gilt für Industriefutter. Die Folge können zum Beispiel Durchfall, Erbrechen oder Sodbrennen sein. So manch ein Hund wendet sich angeekelt von seinem Napf ab – und der Besitzer versteht die Welt nicht mehr.

Für manche Hunde bedeutet die Fütterungszeit auch Stress, was wiederum zu den oben genannten Problemen führen kann. Oft ist es ratsam, erst einmal einen Gang zurück zu schalten und den Hund ankommen zu lassen.


Die drei wichtigsten Punkte zur Auswahl eines geeigneten Futters sind:

1. Es sollen so wenige künstliche Zusatzstoffe enthalten sein wie möglich und das Futter sollte aus einer überschaubaren Menge an Komponenten zusammengesetzt sein;

2. Das Futter sollte hochverdaulich sein, sprich die einzelnen Komponenten sollten eine hohe Qualität haben. Es gilt: Qualität vor Quantität;

3. Anfangs sollten eher kleinere Portionen über den Tag verteilt gefüttert werden. Gerade Hunde, die auf der Straße gelebt haben, sind große Futtermengen nicht gewöhnt. Ihre Verdauung kommt mit großen Portionen daher oft nicht gut zurecht. Mit kleinen Portionen wird der Magen-Darm-Trakt entlastet.


Was ist zu tun, wenn ich einen Hund mit Übergewicht adoptiert habe?

Die Futtermenge sollte bereits ab Tag 1 rationiert werden. So lernt der Hund von Anfang an, dass der Napf im neuen Zuhause nur mit einer bestimmten (reduzierten) Menge Futter gefüllt ist. Später hat man dann nicht das Problem, dass der Hund bettelt, wenn der Napf nicht so voll ist wie gewohnt.


Kleines 1x1 zur Berechnung der Futtermenge bei einer Diät

Wichtig ist, die Futtermenge nicht nach dem aktuellen Gewicht des Hundes zu berechnen, sondern nach dem Zielgewicht. Zwischenziele helfen dabei, das Kaloriendefizit und das Hungergefühl des Hundes nicht zu groß werden zu lassen. Die Angabe der täglichen Futtermenge auf der Verpackung stellt lediglich einen Richtwert dar, der bis zu 30 % in beide Richtungen variieren kann. Für eine genaue Berechnung des täglichen Bedarfs des Hundes (nicht nur der Kalorien, sondern auch der Nährstoffe) müssen u. a. Alter, Kastrationsstatus, Aktivitätsniveau, Wesen und Erkrankungen einbezogen werden.


Was bei der Berechnung oft vergessen wird: Leckerlis

Leckerlis sind meist sehr fettreich und hochkalorisch. Und auch bei der Menge verschätzt man sich leicht: 25 Gramm getrocknetes Fleisch entsprechen etwa 100 Gramm Frischfleisch. Das was dem Hund übe den Tag verteilt „zugesteckt“ wird, hat schnell den Wert einer kompletten Mahlzeit überschritten. Auch hier wundert sich der Besitzer, wenn der Hund sein Futter verschmäht, aber Leckerchen und Co. problemlos frisst. Bei der Berechnung der täglichen Futterration müssen die gefütterten Leckerlis unbedingt mit einbezogen werden – sonst stimmt die Kalorienbilanz nicht.


Nicht nur Diät – auch Bewegung

Eine Diät als einzige Maßnahme zur Gewichtsreduktion bringt meist nicht den gewünschten Erfolg. Ein Kaloriendefizit ist nötig, um Gewicht zu verlieren. Mehr Bewegung erhöht den Kalorienverbrauch und somit das Kaloriendefizit. Mehr Kalorien werden zum Beispiel verbraucht, indem die Gassirunde vergrößert oder die Anzahl der Spaziergänge erhöht wird. Auch Aktivitäten wie Spielen und Schwimmen tragen dazu bei. Wichtig ist, es nicht zu übertreiben. Soll heißen: Nicht von Null auf Hundert. Tierschutzhunde haben in vielen Fällen über Jahre hinweg zu wenig Bewegung gehabt. Ihr Körper muss sich langsam an die neuen Aktivitäten gewöhnen.


Die ersten Schritte, wenn Sie einen übergewichtigen Tierschutzhund adoptiert haben:

  1. Wählen Sie ein hochwertiges, gegebenenfalls kalorienreduziertes Futter – achten Sie dabei darauf, dass die Bedarfe Ihres Hundes gedeckt sind, auch während der Diät sollte kein Nährstoffmangel entstehen;
  2. Legen Sie die Futtermenge ausgerichtet auf das Zielgewicht fest – beziehen Sie dabei auch Leckerlis mit ein. Eine genaue Berechnung ist das A und O – lassen Sie sich gegebenenfalls den genauen Bedarf Ihres Tieres berechnen;
  3. Wiegen und vermessen Sie Ihren Hund 1 x pro Woche – und fotografieren Sie den Fortschritt. Wichtig ist hier, immer unter den selben Voraussetzungen zu wiegen und zu messen (vor/nach Gassi/Fütterung). Nicht immer spiegeln sich Erfolge auf der Waage wider. Mehr Bewegung sorgt für mehr Muskelmasse, die wiederum mehr Gewicht auf die Waage bringt. Fotos und Messungen können zeigen, was sich wirklich getan hat;
  4. Erweitern Sie stetig die tägliche Gassistrecke (diese lässt sich zum Beispiel einfach mit dem Handy tracken). Sollte das für Ihren Hund zu diesem Zeitpunkt noch zu viel sein, so kann man zum Beispiel zunächst durch Balanceübung die Muskulatur aktivieren und stärken, bevor die Belastung dann langsam gesteigert wird;
  5. Signalisiert der Hund bei reduzierter Futtermenge ständig Hunger, kann man den Napf mit wenig kalorischen Gemüsesorten wie zum Beispiel Zucchini füllen;
  6. Setzen Sie keine unrealistischen Ziele – weder für sich noch für Ihren Hund. Um Druck und Frust zu vermeiden, muss das Abnehmprogramm machbar sein – für Halter und Hund. Bei allen Maßnahmen gilt: Der Spaß sollte nicht verloren gehen!
  7. Last but not least: Bevor Sie mit einem Abnehmprogramm starten, lassen Sie Ihren Hund tierärztlich untersuchen. Es muss zunächst abgeklärt werden, ob Ihr Hund gesund ist.
    Zu überprüfen ist, ob
  • Erkrankungen bezogen auf das Übergewicht vorliegen;
  • der Hund gesund genug ist, um die Aktivität zu steigern.


Und auch das Alter Ihres Hundes muss berücksichtigt werden – ein „dicker Oldie“ ist kein Hochleistungssportler.


Fazit ist, eine individuelle und bedarfsgerechte Ernährung unterstützt Sie dabei, Ihr Tier lange fit und gesund zu halten!

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